Orientierungshilfe und Motor für nachhaltigere Entwicklung

    Wie kann eine ganze Volkswirtschaft nachhaltig werden? Diese Frage wird am Swiss Green Economy Forum am Beispiel Liechtensteins diskutiert. Das Fürstentum geht voran bei der Umsetzung der Uno-Nachhaltigkeitsziele.

    (Bild: pixabay) Das Fürstentum Liechtenstein hat die höchste Firmendichte weltweit.

    2015 war für uns alle ein ganz besonderes Jahr. Bereits lange davor haben wir alle über Klimaschutz, Armut, Hunger, Chancengerechtigkeit und ähnliche Themen gesprochen. Erst im Jahr 2015 konnte sich die Staatengemeinschaft aber dazu durchringen, mit dem Klimaabkommen in Paris verbindliche Klimaziele zu geben. Im gleichen Jahr gelang es den Vereinten Nationen, die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) zu verabschieden. Mit den SDGs konnte ein umfassendes globales Nachhaltigkeitskonzept verankert und verbindlich festgelegt werden, mit dem Ziel, bis zum Jahr 2030 unsere Welt so zu gestalten, dass in Zukunft alle Menschen die gleichen Chancen auf ein gesundes und zufriedenes Leben in Freiheit und Sicherheit haben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Überschwemmungen und Konfliktherde sind diese Themen präsenter denn je; sie führen uns eindringlich vor Augen, wie dringend nötig ein Umdenken und Handeln sind.

    Die angestrebte Transformation wird uns alle brauchen und stellt uns vor gewaltige Herausforderungen – Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und die Zivilgesellschaft sind gleichermassen gefordert. Sie eröffnet aber auch riesige Chancen. Gemäss Schätzungen von PWC beläuft sich der weltweit jährlich nötige Investitionsbedarf, um die SDGs zu erreichen, auf rund 7 Billionen US-Dollar. Davon wird derzeit nur gerade ein Siebtel von der öffentlichen Hand abgedeckt. Ein substanzieller Teil muss von der Privatwirtschaft kommen. Auf der anderen Seite verdeutlicht der jüngste «Better Business, Better World»-Bericht, dass die Verfolgung nachhaltiger und integrativer Geschäftsmodelle bis 2030 wirtschaftliche Geschäftschancen im Wert von mindestens 12 Billionen US-Dollar pro Jahr erschliessen und bis zu 380 Millionen Arbeitsplätze schaffen könnte.

    Erfolgreiche Nischenplayer
    Liechtenstein hat sich ebenfalls zur Umsetzung der SDGs bekannt. Man mag nun meinen, dass Liechtenstein als kleines Land mit einer Fläche von gerade mal 161 km2 und etwas mehr als 39’000 Einwohnern kaum einen massgebenden Beitrag leisten kann. Dabei geht oft vergessen, dass sich das Land durch einen breit diversifizierten, exportorientierten Wirtschaftssektor mit einem starken Industriestandort und einem international aufgestellten Finanzplatz auszeichnet. Mit etwa 5’000 Unternehmen (ein Unternehmen auf rund 8 Einwohner) weist Liechtenstein die höchste Firmendichte weltweit auf. Zu den Industrieunternehmen gehören dabei zahlreiche erfolgreiche Nischenplayer, darunter viele Weltmarktführer in ihren Branchen wie zum Beispiel Hilti, Hoval, Neutrik, Hilcona, Ivoclar Vivadent, Ospelt oder Kaiser. Das Fürstentum gehört damit zu einem der am stärksten industrialisierten Länder Europas. Industrie und Finanzplatz tragen alleine ca. 65% zum Bruttoinlandprodukt bei. Zusammen spielen sie somit eine wesentliche Rolle bei der Innovation, Forschung und Entwicklung, aber auch der Mobilisierung und Kanalisierung der für die Umsetzung der SDGs nötigen Geldmittel.

    Die Finanz- und Industrieunternehmen tragen denn auch schon länger in verschiedenster Hinsicht zur Umsetzung der SDGs bei, teilweise nicht einmal bewusst, sondern generell aus ihrem Verständnis heraus, langfristig und nachhaltig zu agieren sowie ihrer Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft nachzukommen. Im Zuge der voranschreitenden Diskussion rund um die SDGs hat sich dieses Engagement jedoch weiter konkretisiert und spezifiziert. Im Bankbereich haben bei der Zusammenstellung eines nachhaltigen Investmentportfolios die sogenannten ESG-Kriterien für nachhaltige Anlagen eine entscheidende Funktion. Das grösste Gewicht wird dabei aktuell aufgrund der Klimadiskussion und dem entsprechend dringenden Handlungsbedarf den ökologischen Kriterien zugeschrieben. Übertragen auf die SDGs sind deshalb aus der Anlage- bzw. Investmentperspektive die SDGs 6 (sauberes Wasser), 7 (saubere Energie), 9 (Innovation & Infrastruktur) sowie 13 (Klimaschutzmassnahmen) von grosser Bedeutung. Für Liechtenstein als Standort und Arbeitsplatz stehen insbesondere die SDGs 4 (Hochwertige Bildung), 5 (Geschlechtergleichheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Diversität) und 9 (Infrastruktur bzw. Mobilität) im Vordergrund. Im Bereich der eigenen Unterstützungs- und Fördermassnahmen durch die einzelnen Unternehmen stehen insbesondere die folgenden im Fokus: 1 (keine Armut), 3 (Gesundheit), 4 (hochwertige Bildung), 6 (sauberes Wasser) sowie 15 (Leben an Land).

    Grosse Unternehmen als Vorbilder
    Die grossen Unternehmen gehen dabei naturgemäss mit Vorbild vo- raus, so weist die LGT als grösste und internationalste Bankengruppe ihren Beitrag zu den SDGs schon detailliert auf ihrer Homepage aus und hat sich kürzlich als Teil der sogenannten NetZero Banking Alliance zu «Netto Null» verpflichtet. Und auch die Hilti führt ihren Beitrag zu den einzelnen SDGs ganz spezifisch auf und hat sich aus der Überzeugung heraus, dass nur ein nachhaltiges Wirtschaften den langfristigen Erfolg sichern kann, das Ziel gesetzt, bis 2023 klimaneutral zu sein.

    Einen grossen Stellenwert kommt bei allem dem in SDG Nummer 17 verankerten Ziel, die globale Partnerschaft und Zusammenarbeit zu stärken, zu. Gerade als kleines Land ist Liechtenstein auf Partnerschaften und auf die Zusammenarbeit angewiesen. Und infolge der kurzen Wege wird diese Zusammenarbeit im Land auch sektorübergreifend und mit der Politik gelebt wie in fast keinem anderen Land. Eine nachhaltigere Entwicklung setzt voraus, dass sich alle ernsthaft und verantwortungsvoll mit dem Thema beschäftigen. Liechtenstein und seine Wirtschaftsakteure tun dies, so u.a. am diesjährigen Swiss Green Economy Forum.

    Mehr Informationen zum SGES 2021 sowie zum Innovationsforum 06 erhalten Sie auf sges.ch/if06-2021

    Brigitte Haas
    Simon Tribelhorn


    Zu den Personen: Brigitte Haas ist Geschäftsführerin der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer (LIHK)

    Simon Tribelhorn ist Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands

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